Inhaltswarnungen1
An English version of this story with author commentary can be found here.
Auf dem Berg über der brennenden Stadt saßen zwei Gestalten. Die größere trug einen blauen Kimono, ein Schwert und einen Dolch im Gürtel. Die kleinere verschwand fast in ihrem dunklen Kapuzenmantel und trug keine sichtbaren Waffen.
„Warum bist du zurückgekommen?“, fragte der Mann mit den Schwertern.
„Ich wollte die restliche Bande verbrennen sehen.“
Unter ihnen rannten Leute durch die Straßen, panische Zivilisten, Bewaffnete und Leute mit Fackeln, die das Feuer weiter verbreiteten.
„Bereust du deine Zeit mit ihnen?“
Die kleinere Gestalt hob die Kapuze vom Kopf. Ihre schwarzen Haare waren am Hinterkopf zu einem schmucklosen Dutt gebunden, ihr rundes Gesicht ungeschminkt. „Nein“, sagte sie langsam. „Sie haben mich bei sich geduldet, als ich sonst niemanden hatte. Aber sie haben ihre eigenen Werte verraten. Als Ihr Koji getötet habt, hatte ich mich in Gedanken schon von ihnen gelöst.“
„Deshalb warst du so ruhig“, brummte der Mann. „Du hast nicht mit der Wimper gezuckt, obwohl du in einem See aus Blut gestanden bist. Ich dachte, du wärst eine der Verborgenen oder Schlimmeres.“
Die Frau lachte leise. „Ich war eher besorgt, wie ich mich für den Diebstahl Eurer Geldbörse entschuldigen sollte. Koji war nie gütig zu mir. Ich hatte Angst, gleich neben ihm zu landen, aber keine Angst um ihn.“
„In der Börse war kaum ein halbes Monatsgehalt.“
Sie schüttelte den Kopf. „Für uns ist das ein Vermögen. Habt Ihr mir verziehen?“, drängte sie plötzlich. „Ihr hegt keinen Groll mehr?“
„Wenn ich mich rächen wollte, hätten wir dieses Gespräch nicht“, sagte der Mann. „Wenn überhaupt, dann muss ich mich bei dir entschuldigen. Ich habe dort unten einige deiner ehemaligen Kollegen erwischt.“
Die beiden betrachteten die Funken, die von der Stadt in die Nacht aufstoben. Die Schreie der Menschen klangen fern und theatralisch.
„Je mehr, desto besser“, erklärte die Frau düster. Dann nickte sie zu seinem Schwert. Auf der schwarz lackierten Scheide prangte eine tiefrote Spinnenlilie. „Genug Blut getrunken?“
„Die anderen haben alles unter Kontrolle“, sagte der Mann, aber dann zog er das Schwert trotzdem heraus. Die filigrane Stahlklinge spiegelte die lodernden Flammen tief unter ihnen und erhellte ihre Gesichter. Die Frau starrte es mit hungrigem Blick an, bis der Mann es wieder wegsteckte.
„Wohin werdet Ihr gehen?“, fragte sie.
Er zuckte mit den Schultern. „Ich ziehe wohl eine Weile durch das Land. Biete gegen ein paar Münzen meinen Schwertarm an, wo er gebraucht wird. Aber ohne Begleitung ist Reisen bitter und einsam.“
„Was für ein Zufall“, sagte sie trocken. „Ich hätte da eine Idee, die Euch das Reisen versüßen könnte, Sanda Toshio.“
„Ich höre sie mir gerne an … Noriko.“
Als die Feuer heruntergebrannt waren und nur noch Asche in der Luft lag, standen die beiden auf und verließen den Berg gemeinsam.
Stadtbrand, Erwähnungen von Blut, Mord