Dieser Teil ist eine Fortsetzung. Den Beginn von Springflut findet ihr hier.
Inhaltswarnungen1
Unter der Kapuze bleibt Vliet so unbewegt wie immer, aber die Flamme, die Nissa in jedem Lebewesen spürt, wankt und flackert. Sie beobachtet, wie sier sich versteift und auf die Knie fällt, wie das Wasser um sien herunterregnet.
Sier spuckt immer noch dicke Tropfen aus. Würgt.
Als siese Geräusche in der entsetzten Stille leiser werden, schlägt Nissa die Hände vor die Brust und befiehlt siesem Körper: „Halt!“
Sier bricht zusammen. Sie atmet auf.
Während die Akrobaten sien in siese Kabine tragen, stattet Nissa Lau Hum in seinem Zelt einen Besuch ab. An Vliets Lager zieht sie die Tarotkarte heraus, die der Wahrsager ihr gegeben hat: ein Weiser in dunklen Roben, der mit seiner Laterne einen einsamen Pfad beschreitet. Am unteren Rand steht in verschnörkelten Buchstaben: Der Eremit. Nissa holt etwas goldenen Faden aus ihrer Ärmeltasche und wickelt das eine Ende um die Karte, das andere um Vliets kleinsten Finger. Dann senkt sie den Kopf über die Karte zwischen ihren gefalteten Händen und konzentriert sich.
Eine Stunde später kommt Vliet stöhnend zu sich. Nissa schreckt aus dem Halbschlaf auf und lehnt sich über sien. Siese hellen Sternenaugen blenden sie wie immer und sie muss heftig blinzeln. Es geht siem gut. Obwohl sie siesen Vitalfunktionen vorübergehend den Stecker gezogen hat, damit das an sies Bewusstsein gebundene Wasser versickert, geht es siem gut.
Die Wut überflutet sie wie ein Tsunami, heißer als die heißen Quellen auf Söldura. „Warum hast du mir nicht gesagt, dass du die Kontrolle verlierst?“
„Wir waren stolz.“ Sier hustet. „Und wir wollten dir keine Sorgen bereiten, aber ja, wir werden schwächer.“
Nissa sieht Vliet an: sies dunkelhäutiges Gesicht mit der flachen Nase und den weit auseinanderstehenden Augen, die so hell strahlen wie die hellsten blauen Riesen. Das Gesicht, das sier nur ihr zeigt. Und dieses außergewöhnliche Wesen, das einzige seiner Art in der gesamten Galaxie, wird schwächer? Nein. Sie weigert sich, die Wahrheit anzuerkennen.
…
Als sie spät am Abend endlich in ihre Kabine zurückkehrt, nimmt sie die Tarotkarte aus dem Ärmel und betrachtet den Eremiten. Er mag allein auf diesem Pfad sein, aber sie wird ihn weiterhin aus den Schatten begleiten und unterstützen. Der goldene Faden, den sie gewirkt hat, wird ihr verraten, wenn Vliets Lebensflamme wieder flackert. „Du wirst nicht sterben“, sagt sie laut. „Das erlaube ich nicht.“
Sie wird eine Lösung finden.
Ertrinken